16. Juli 2010

Tagesbericht verfasst um 23:15 Uhr bei Holaskjol, Island
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Ein kleiner Ausflug für neue Schuhe


Anmerkung vorweg

1) Achtung, der Bericht hat viel Text. Sorry!
2) Für einen Mitteleuropäer ist die heutige Geschichte eher schwer zu verstehen.
Wer jedoch schon einmal 'weit vom Schuss' unterwegs war,
weiss wie wichtig eine voll intakte Ausrüstung ist.








Erst zehn Jahre sind sie alt. Zu Hause hatte ich meine Wanderschuhe/ Trekkingschuhe noch einmal kontrolliert, geputzt und frisch imprägniert. Am Jökulsarlon zeigten sich beim Absatz leichte Ablösungs-Erscheinungen, aber nichts tragisches. Gestern an den Lakikratern war dann beim ersten Aufstieg ein schlurfendes Geräusch zu vernehmen. Die eine Sohle hing fast lose herunter... Von da an rastete ich mehr und wanderte weniger. Die Sohle fiel kurze Zeit später ganz ab.

 
 
 
 

Vorzeitig bin ich zum Bus zurück geschlurft und teilte dem Busfahrer den Grund für mein vorzeitiges Auftauchen mit. Er meinte "Hmm, der nächste Schuhladen ist bei Höfn, rund 200 Kilometer östlich..." - "... oder fast genau so weit westlich liegt Reykjavik. Dort gäbe es die ganze Auswahl." entgegnete ich. "Welche Schuhnummer haben Sie?" fragte er mich. "43" meinte ich. "Ich habe noch Ersatzschuhe dabei." sagte er, "probieren sie mal meine." Er zog seine Schuhe aus und ich probierte sie an. Sie passten. Und so lieh mir der Busfahrer seine Schuhe für den Rest vom Tag. - Typisch Island! Wer leiht schon jemand anderem einfach seine Schuhe?

 
 
 
 

Ich war dankbar für die Leihgabe. Ich hätte von den Lakikratern nicht die Hälfte gesehen. - Bei der Rückfahrt machte ich mir dann Gedanken. Halbschuhe hatte ich noch dabei, jedoch logischerweise keine Ersatz-Wanderschuhe. Aber für scharfkantige Lava, Sand, Lehm, Bäche, Kieshänge und rutschigen Fels war die ziemlich glatte Sohle der Halbschuhe ungeeignet und auch gefährlich. Liese sich der Kauf hinaus zögern? Ja, wenn ich nur kaum einen Schritt vom Auto weg machen würde...

 
 
 
 

Tatsache war: wollte ich in den nächsten zwei Wochen etwas erleben, brauchte ich wieder gute Schuhe. Warten würde nichts bringen. In Vik gäbe es vielleicht einen Laden, aber mit grosser Wahrscheinlichkeit in Selfoss. Sonst eben fünfzig Kilometer weiter in Reykjavik. Bis Selfoss wären es rund 200 Kilometer und so machte ich mich bereits am Abend in aller Ruhe auf den Weg. Eine schöne Abendsonne erwartete mich im Myrdalssandur. In Vik gab es nichts und in Hvollsvellur und Hella genauso wenig. Kurz vor Mitternacht war ich in Selfoss angelangt und erblickte an der Hauptstrasse gleich ein Sportgeschäft!

 
 
 
 

Islands Geschäfte öffnen spät, so gut wie nie vor zehn Uhr. Also erst einmal ausgeschlafen. Dann ins Sportgeschäft spaziert. Die Verkäuferin meinte: "Ja, Trekkingschuhe haben wir. Sehen sie hier." Tatsächlich, es gab fünf Modelle in Leder und fünf Modelle in Gore-Tex. Alle vom gleichen Hersteller 'Viking'. Noch nie gehört. Ich probierte an und die Schuhe machten einen solide verarbeiteten Eindruck. Der Preis für einen guten Wanderschuh lag im Bereich wie bei uns zu Hause: rund CHF 250 bis 350 (EUR 180 - 260). Weiter anprobiert und dann gekauft!

 
 
 
 

Natürlich machte ich in Selfoss gleich noch weitere Besorgungen. Zudem war Freitag und das Wochenende nahte. Bei Margrit habe ich dann noch 'Grüezi' gesagt. "Was machst Du denn schon in Selfoss?" fragte sie. "Schuhe kaufen, was sonst?" erwiderte ich zwinkernd. - Eigentlich wollte ich die alten Schuhe feierlich in Vik entsorgen, doch Margrit meinte: "Was willst Du denn noch damit? Lass sie hier, ich entsorge sie hier." Und damit hatte sie ja recht. Somit verblieben meine 'Islandschuhe' in Selfoss. Vielen Dank Margrit!

 
 
 
 

Und dann ging die Fahrt genau so gemächlich wieder ostwärts. Nicht ganz bis zum Ausgangspunkt, sondern schon zum Startort für die nächste Etappe von morgen. Und die staubenden Ascheschichten des Eyjafjallajökull (sprich: Ehja-Fjattla-Jökuddl) querte ich dabei auch gleich zweimal. Aber das ist dann eine spätere Geschichte.

 
 
 
 

Ah ja: und so sehen sie nun aus, meine neuen Schuhe. Nichts besonderes, auch nicht in einer Lieblingsfarbe, aber enorm praktisch. Erste Asche- und Staubreste haften inzwischen daran. Und vor allem haben sie mir schon in den nächsten Tagen grosse Dienste erwiesen. Der Entscheid, den 'Ausflug' zu fahren, war definitiv richtig. 'Ab vom Schuss' ist eine voll funktionsfähige Ausrüstung absolut wichtig.

 
 
 
 



Weiter geht die Reise durch den grünen Streifen an der Südküste Islands.